Eigenes Tonstudio einrichten

Ein alter Weggefährte hatte mich kürzlich gefragt, was man denn für die Einrichtung eines Studios braucht. Er wolle ein professionelles Aufnahme- und Arrangement/Mixing-Studio bauen. Und, die Qualität solle wirklich gut sein.

Nun, statt einer am Ende viel zu langen E-Mail habe ich mich dazu entschlossen, meine losen Gedanken zu dieser nicht ganz so einfach zu beantwortenden Frage hier zu veröffentlichen – denn der gute Auguste (danke Dir an dieser Stelle für die Idee zu diesem Artikel), so er denn künftig hoffentlich viel Freude in seinem neuen Tonstudio hat – ist nicht der erste, der mich bei diesem komplexen Thema um Rat bittet.

Los geht´s …

(Noch zwei Anmerkungen vorab: Thema soll hier ein kleines, feines Studio für Musiker, Komponisten, etc. sein. Es geht also nicht um Themen wie Orchester-Aufnahme, Surround-Sound oder Dolby-Zertifizierung … und auch nicht um Netzwerktechniken, Workflows in der Post-Produktion oder um Broadcast-Normen. „Professionell“ hat heute zahlreiche Facetten und ein kleiner Teil davon, soll im Folgenden abgebildet werden.)

Weiterführende Fragen kann ich leider nicht (mehr) individuell beantworten. Und rechtlich der Hinweis, dass es sich bei den Tipps um private Empfehlungen ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt. 

Jetzt aber los …:

Lieber Auguste,

ein Tonstudio kann heute „von – bis“ gehen … meiner Meinung nach ist inzwischen die Technik auch in sehr preiswerten Geräten so gut, dass damit grundsätzlich schon sehr viel möglich ist. Hier also eine Auswahl an Dingen, bei denen ich denke, dass sie die Richtigen für Dein Vorhaben sein könnten.

Die Zentrale: Computer und DAW-Software.

Als zentrales Element benötigst Du natürlich einen Computer – ob Windows oder Mac ist dabei reine Geschmacksache. Ich fühle mich auf dem Mac sehr wohl und dort kannst Du von der kleinsten bis zur teuersten Variante ausnahmslos jedes Gerät für professionelle Musikproduktion nutzen.

Auch ein gebrauchter Mac (aber dann nicht älter als etwa 3-5 Jahre), würde für den Einstieg absolut ausreichen. (Update 2021: Apple stellte im vergangenen Jahr von intel auf eigene CPUs um. Es ist davon auszugehen, dass mittelfristig die Unterstützung für den Intel-Prozessor nachlässt, bzw. die Kompatibilität leidet).

Weiter benötigst Du eine DAW-Software (DAW, Digital Audio Workstation): Apple´s Logic Pro X oder andere, damit vergleichbare Produkte (Steinberg Cubase, Presonus Studio One, ProTools und viele mehr) sind allesamt spitze. Es gibt da heute keine technischen Fragen mehr – alles Geschmacksache (und die Kosten sind ebenfalls fast identisch). Eine sehr schöne Software (die aber für Dich, lieber Auguste, vielleicht weniger geeignet ist, weil Dein Schwerpunkt eher auf der Audio-Bearbeitung liegen wird) ist auch Reason Studio.

Apropos noch einmal Mac: mit dem in macOS und auch iOS / iPad OS enthaltenen GarageBand lässt sich beeindruckend viel „out-of-the-box“ anstellen. Ich empfehle die App immer gerne, wenn man einfach nur Musik mit den enthaltenen Software-Instrumenten machen möchte. Bei Musik-Produktion (mit Plugins von Drittanbietern oder externen MIDI-Geräten), sowie auch in der anschließenden Bearbeitung (der sog. Post-Produktion) ist GarageBand jedoch eingeschränkt.

Musik rein und raus: Audio-Interface.

Um Sound in den Computer hinein und auch wieder heraus zu bekommen, benötigst Du ein Audio-Interface. Davon gibt es eine ganze Menge am Markt und auch hier kannst Du mit aktuellen Geräten nicht viel falsch machen. Empfehlen möchte ich Dir:

Musik rein und raus: Mikrofone und Lautsprecher.

Woran Du nicht sparen solltest sind die Komponenten, mit denen Du Ton aufnimmst und wiedergibst: also Mikrofon(e) und Lautsprecher (und auch Kopfhörer). Ich kann Dir hier nur wenige Empfehlungen aussprechen, weil vieles wirklich Geschmacksache und eine Frage der persönlichen Erfahrung mit unterschiedlichen Instrumenten ist.

Aber auch hier gilt eigentlich, dass Du mit den bekannten, lange erhältlichen Marken wie Neumann (Mikrofone und auch Lautsprecher), RØDE, Audio-Technica und vielen mehr nicht falsch liegst. Update 2021: Nun, vielleicht doch noch einer dieser „Geheimtipps“, weil ich zuletzt gute Erfahrungen damit gemacht habe: die Produkte des taiwanischen Anbieters Superlux bieten ein überraschendes Preis-Leistungsverhältnis.

Sicher ist: sehr gute Komponenten sind nie billig. Und Du bemerkst einen Fehlkauf grundsätzlich erst dann, wenn es zu spät ist – wenn die Aufnahme vom Musiker zwar perfekt gespielt war, aber nachher im Mix nicht funktioniert, weil (z.B.) das Mikrofon nicht gut war, oder das Audiointerface gezerrt hat, … tja, dann weißt Du eben erst fürs nächste mal Bescheid. :-)

Das Drumherum.

Es gibt dann noch die weniger aufregenden Dinge, wie Kabel, Lautsprecher-Stative, Akustik-Elemente für die Räume oder einfach nur ein guter, bequemer Arbeitsplatz (aka: Tisch und Stuhl). Da sollte man ebenfalls nicht sparen. Du kannst das beste Mikrofon, die besten Speaker besitzen … wenn die Kabel nicht passen (übrigens auch klanglich!) … wenn Deine tollen Lautsprecher gar nicht erst im richtigen Winkel stehen können … wenn Du Dir beim Aufbau billiger Teile die Finger einklemmst … oder Du auf einem unbequemen Stuhl die ganze Zeit im Sweetspot hin und her quietscht … dann bringt Dir der schönte Gerätepark am Ende herzlich wenig.

Also noch einmal: Spare. Hier. Nicht.

„Das Studio“ selbst: der Raum

(war: die Räume – Update in 2021).

Letzter Punkt: dein Raum … er muss:

  • technisch geeignet sein und
  • Dir Ruhe bieten, auch mental.

Du brauchst für ein Studio heute nicht mehr unbedingt 2 Räume. Der klassische Ansatz (1) Recording und (2) Regie / Editing ist aus meiner Sicht Luxus und entstammt einer Zeit, in der Aufgaben klar getrennt waren. Es ist heute überhaupt kein Problem, sich mit dem Recording-Notebook neben die Künstler:in zu setzen und statt Regieanweisungen zu senden den kreativen Moment gemeinsam zu erleben.

Wenn es allerdings noch weitere Rollen bei der Aufnahme gibt – Tontechnik, Produzent:in, Regie, Produktionshilfen – dann sind getrennte Räume hilfreich. Viele Menschen machen halt viele Geräusche und beeinflussen die Kreativität und Stimmung teils sehr unterschiedlich.

Wie groß diese Räume sind ist fast egal und hängt beim Recording-Room eigentlich nur davon ab, wie viele Instrumente / Personen Du gleichzeitig aufnehmen können möchtest.

Aber beachte: soll in einem Studio (a) mehr als 1 Instrument und (b)  zur selben Zeit aufgenommen werden, benötigst Du

  • viele Mikrofone
  • ein Audio-Interface mit ebenso vielen Eingängen wie Du Mikrofone gleichzeitig nutzt
  • und bestenfalls auch noch Stell-Wände in Deinem Raum, mit denen Du die Instrumente ein wenig voneinander trennen kannst.

Und natürlich sollte es grundsätzlich im Raum möglichst ruhig sein. Meiner Meinung nach ist das beim Editing noch viel wichtiger, damit Du stets in Ruhe an den Aufnahmen arbeiten kannst, ohne durch Geräusche (wie vielleicht eine Klimaanlage oder das leise Gluckern einer Heizung) nicht abgelenkt wirst.

Kosten für das eigene Tonstudio.

Der Preis für das eigene Studio in der Größenordnung wie oben beschrieben liegt bei und 8.000 EUR. Wenn schon Komponenten vorhanden sind, wie beispielsweise ein PC, oder wenn noch kein eigener Aufnahmeraum vonnöten ist, bleibt es auch für Einsteiger überschaubar.

Über den Daumen gepeilt sieht die Rechnung aber häufig wie folgt aus:

Komponente

Preis

Beispiel

PC

1.500,00 €

iMac

Audiointerface

400,00 €

SPL creon

Software

500,00 €

Diverse

Lautsprecher (Paar)

1.200,00 €

Neumann KH 120 A

Kabel, Möbel & Co

1.000,00 €

Diverse

Großmembranmikrofon

1.000,00 €

Neumann TLM-103

Raumakustik

2.000,00 €

Akustikelemente von HOFA

Kopfhörer

350,00 €

Sennheiser HD 650

Gesamt

7.950,00 €

Geht auch: Studio-Komponenten gebraucht kaufen.

Hochwertige Marken-Produkte kannst Du übrigens problemlos auch gebraucht kaufen. Gute Audiokomponenten werden mit der Zeit nicht wirklich schlechter.

Soweit diese erste, natürlich eigentlich viel zu grobe Zusammenstellung. Aber für eine grundsätzliche Orientierung und Anregung sollte es reichen – und vielleicht füllen sich ja im Laufe der Zeit die Kommentare unten mit weiteren Tipps oder Erfahrungen.

4 Kommentare

  1. Lieber Oliver ,
    vielen Dank für Deinen wirklich motivierenden Wegweiser. Es gibt Artikel, da liest man erst gar nicht weiter, weil man sofort im Sechstelligen Bereich landet.
    Ist es möglich, Dich bei einer abschließenden , vielleicht komplexen Fragestellung vor der Realisierung nochmal um Rat zu fragen?
    (…)
    Alles Gute für Dich.
    Vielen Dank und beste Grüße

  2. Vielen herzlichen Dank für diese wirklich hilfreichen und klaren Anleitungen, die ohne den üblichen Technikfreak Slang auskommen und für jeden verständlich sind s(also auch für mich)! Ihr Artikel ist eine große Hilfe für den Laien, die man so sonst nirgendwo findet. Nochmals herzlichen Dank! Reinhard Schmidt

  3. Hallo Team von Hutz, 

    ich bin von einem Bekannten auf Sie aufmerksam geworden, was die eventuelle Einrichtung eines Tonstudios für Sprachaufnahmen angeht. Bevor ich mich bereits in zu vielen Details verliere, einfach mal die grundlegende Frage, wie ungefähr die Preisspanne aussehen würde, wenn man von ihnen einen Raum mit Akustikschaumstoff auskleiden lässt bzw. allgemein die Akustik optimiert und sich von Ihnen ein Aufnahmesetup einrichten lässt, sprich ein Mikrofon, an dem sich schon durch z.B. ein Mischpult die Stimme optimieren lässt und sich diese Optimierung von Ihnen genau auf die jeweilige Stimme einstellen lässt bzw. von Ihnen dabei beraten wird. Zusätzlich wäre auch noch eine Beratung, was die Nachbearbeitung der Aufnahme angeht toll, ebenfalls zugeschnitten auf die „Stimme“. Sodass man am Ende ein perfektes, auf die Person zugeschnittenes Set-Up hat beginnend bei der Raumakustik, bis hin zu den optimalen Einstellung für die Aufnahme der Stimme. 

    Viele Grüße an das Team von Hutz

    Mirko Steger

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